Das Ehepaar Willi und Wilhelmine Hartnagel wurde gleich mehrfach das Opfer von NS-Juristen. Schon 1938 wurden sie 18- und 24-jähig vor das Erbgesundheitsgericht zitiert, das sie nach dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ als „schwachsinnig“ und „schizophren“ einstufte. Das Erbgesundheitsgericht entschied, dass sie zwangssterilisiert werden sollten. Erst nachdem sie beide gegen ihren Willen unfruchtbar gemacht waren, durften sie heiraten.
Sie gingen beide einem Beruf nach, Willi als Lagerarbeiter, Wilhelmine als Straßenbahnschaffnerin.
Im September 1943 wurde Willi Hartnagel von seinem ehemaligen Arbeitgeber Weickum, Ratsherr und Ortsgruppenleiter der NSDAP (Sandhofen) mit einem florierenden Wein- und Spirituosen Handel, angezeigt: Willi Hartnagel habe 6 Flaschen Wein aus dem zerbombten Weinlager entwendet. Vor dem Sondergericht wurde den jungen Eheleuten Hartnagel, die beide nicht vorbestraft waren, nun ein Prozess gemacht, in dem sie keinerlei Möglichkeit der Verteidigung hatten.
Die Richter befanden, dass Willi Hartnagel die Straftat "infolge seiner psychopathischen Haltlosigkeit und moralischen Minderwertigkeit" ausgeübt habe. Unzurechnungsfähigkeit liege nicht vor. Das Gericht verurteilte ihn als „Volksschädling“ zum Tode. Am 2.3.1944 wurde er in Stuttgart hingerichtet.
Seine Frau Wilhelmine wurde zu vier Jahren Zuchthaus wegen „Beihilfe“ verurteilt. Sie musste diese Strafe noch bis Ende 1946 absitzen. Diese Nazi-Urteile wurden erst 1998 als NS-Unrecht aufgehoben.
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Für die Stolpersteine hat der AK-Justiz die Patenschaft übernommen.