Im Herbst 1942 wurde eigens eine "Verwertungsstelle für volksfeindliches Vermögen" (oft auch „volksfremdes Vermögen“) kurz „VVV“ eingerichtet. Bei den Sitzungen treffen sich hochrangige Vertreter der NSDAP, Industrie- und Handelskammer, der Wirtschaftsgruppe Einzelhandel, des Finanzamtes und des Zollamtes. Honorige Herrschaften aus dem Fachhandel wie die Herren Engelhorn, Bazlen und Telkamp bringen ihre Erfahrungen als „Schätzer“ und Kaufleute ein, als Kunst-Sachverständige sind der Direktor der Kunsthalle und des Museums zugezogen.
Die offizielle Leseart war dagegen, dass die Waren für die sog. „Fliegergeschädigten“ in Mannheim bestimmt seien. Tatsächlich gab es erst ein Jahr später, ab September 1943, viele Ausgebombte zu versorgen.
Der „Fachhandel“ verdient kräftig mit
Die Lifts werden unter der Aufsicht von Vertretern der „Verwertungsstelle für volksfeindliches Vermögen“ einzeln ausgepackt. Nachdem Partei- und Staatsinstanzen kostenlos Gegenstände erhalten hatten, wird der übrige Inhalt einzeln notiert und durch Fachleute aus dem Handel geschätzt.
Der Fachhandel kauft die wertvolleren Teile zum Schätzpreis, muss einen Aufschlag von 12,5 Prozent an das Finanzamt abführen und kann die Waren im freien Verkauf anbieten.
Die Massenware aus dem Beutezug wurde über die Verwertungsstellen angeboten, bei der man nur mit Bezugsschein einkaufen konnte. Bezugsscheine erhielten Ausgebombte aber auch Neuvermählte, Kinderreiche und sonstige Bedürftige. Hier wurde die Preisgestaltung genau überwacht. Auf der Quittung standen die Nummer des Lifts, das Datum und der Name des Käufers.
VVV im Kaufhaus Vetter
Das Verkaufslager in O7,8 reichte bald nicht mehr aus, Verpackungsmaterial stapelte sich auf den Planken, der Hauptverkehrsstraße. Die Stadt stellt Lagerräume in der U2-Schule zur Verfügung. Verkaufsräume von jetzt 1.100 qm werden 1943 in N7,3 vom Kaufhauses Vetter angemietet. Die Waren kommen nun auch aus Paris.
Gigantische Umsätze bis Januar 1945
In den 30 Monaten ihres Bestehens erwirtschaftete die Verwertungsstelle 2,3 Millionen Reichsmark. Aus den Einnahmen der Verkäufe wurde das Meiste an das Finanzamt abgeführt. Außerdem erstattet die „VVV“ die Lohnkosten für die Verkäuferinnen (ca 100 RM im Monat), den Geschäftsführer, die Mietkosten, die Kosten für die Schätzer und den Treuhänder (Rappmann). Dabei flossen auch der NSDAP aus diesen Quellen in den Jahre 1942 - 1944 fast 120.000 Reichsmark zu. Weitere Ausgaben der „VVV“ wurden akribisch notiert: große Mengen von Alkohol und Zigaretten für den Volkssturm und Einsatzkräfte, Hotelkosten für "pol. Leiter" usw. Immer wieder versucht der Wirtschaftsprüfer und Treuhänder Rappman, eine Umsatzsteuerbefreiung zu erreichen, wegen „Gemeinnützigkeit“.
Mit dem Näherrücken der Front Ende 1944 bis Januar 1945 wurden die Bankgeschäfte der „VVV“ über die Volksbank Tauberbischofsheim erledigt. Die monatlichen Überweisungen an das Kaufhaus Vetter für die Miete und an das Finanzamt wurden bis Januar 1945 ordnungsgemäß erledigt (Bild). Danach stellte die „VVV“ ihre Tätigkeit ein.
Treuhänder Rappmann wurde nach dem Krieg von den Amerikanern beauftragt die „VVV“ abzuwickeln. Jüdische Überlebende und Emigranten forschten noch jahrelang nach dem Verbleib ihres Besitzes und warteten vergeblich auf Entschädigung.