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Recherchen zu Mannheim

Rare Dokumente

Zunächst schien es so, dass nur wenige Dokumente zum Thema Arisierung im Stadtarchiv erhalten seien. Ein Konvolut von Akten über die „Rückführung“ von jüdischem Umzugsgut aus Rotterdam und dessen Verkauf in der sogenannten „Verwertungsstelle für volksfeindliches Vermögen-VVV“ gab jedoch schlaglichtartige Einblicke. Bei der Ausstellung werden die Ergebnisse der Recherchen erstmals öffentliche dokumentiert.
Die in der Ausstellung gezeigten Dokumente wurden vom Stadtarchiv Mannheim, dem Generallandesarchiv Karlsruhe, der Jüdischen Gemeinde und von Privatleuten zur Verfügung gestellt.

Referate

  • Ergebnisse lokalhistorischer Erkundungen vorgetragen auf der Veranstaltung am 13. 1. 2005
    Betrifft: „Aktion 3“. Die Verwertung jüdischen Eigentums in Mannheim „Arisierung“ von Gegenständen des täglichen Gebrauchs.
  • Heiner Ritter, Arbeitskreis Justiz in Mannheim, Einleitungsreferat
  • Steffen Bode, Mannheim: Die Verwertung jüdischen Eigentums unmittelbar nach der Deportation 1940
  • Jens-Martin Barke, Mannheim: 1942: fortgesetzte Ausraubung der letzten noch in Baden lebenden Juden, zwangsweise selbstorganisiert
  • René Skusa, Mannheim: Die Verwertungsstelle für Volksfeindliches Vermögen (VVV) – Der Verkauf von Mobiliar aus jüdischem Umzugsgut
  • Barbara Ritter, Arbeitskreis Justiz in Mannheim: Die Rolle des Fachhandels bei der Verwertung des jüdischen Eigentums in Mannheim und die Nachkriegsgeschichte der VVV

6 Referate zum Download

Die jüdische Gemeinde in Mannheim von 1933 bis 1945

Die Mannheimer Jüdische Gemeinde gehörte 1933 mit ihren 6.402 Mitgliedern zu den größten in Süddeutschland. Bereits fünf Jahre nach der Machtergreifung Hitlers waren 1.000 jüdische Betriebe und Geschäfte in Mannheim aufgegeben oder verkauft worden. Die 500 noch existierenden wurden im Laufe des Jahres 1939 geschlossen oder zwangsarisiert. Das Kriegsende erlebten in dieser Stadt nur noch 60 Juden. Fast 4.000 konnten in den zwölf Jahren emigrieren oder fliehen. In den Vernichtungslagern wurden 2.160 Mannheimer und Mannheimerinnen ermordet. Viele Schicksale sind bis heute ungeklärt.

Bereits am 22./23. Oktober 1940, ein Jahr früher als reichsweit, wurden die badischen Juden, darunter 1.972 Mannheimer, in das Konzentrationslager Gurs (Südfrankreich) verschleppt. Gestapo und Polizei hatte sie aufgefordert, innerhalb von zwei Stunden das Nötigste zu packen. Sie durften 50 kg Gepäck, 100 RM und "Reiseproviant" mitnehmen. Bereits auf dem Transport und in Gurs starben 655 Menschen aufgrund der katastrophalen hygienischen Bedingungen. Ab Sommer 1942 wurden die meisten nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Anzeige: Umgang mit freigewordenen Wohnungen

„freigewordene Wohnungen“

Einen Tag nach der Deportation von 1.970 Menschen jüdischer Herkunft aus Mannheim ließ Oberbürgermeister Renninger Bekanntmachungen im Hakenkreuzbanner und in der Neuen Mannheimer Zeitung absetzen: wegen der "frei gewordenen Wohnungen" solle abgewartet werden.

Zeitungsanzeige: Versteigerung

Versteigerungen durch das Finanzamt

Der Oberbürgermeister, der Polizeipräsident und ein Vertreter der Handelskammer entschieden Anfang November 1940 über die "Verwertung jüdischen Vermögens". Zwei Wochen später annoncierte das Finanzamt Versteigerungsanzeigen mit dem deutlichen Hinweis auf "Haushaltungsgegenstände aus nichtarischem Besitz".

Verwertung von beschlagnahmtem Umzugsgut

Zahlreich sind die Mannheimer Dokumente über die Verwertung des aus dem besetzten Europa zusammengeraubten jüdischen Eigentums und des zurückgeholtes Umzugsgutes jüdischer Emigranten. Insgesamt sind 408 Güterzugwaggons mit Lifts, Kisten und Koffern nach Mannheim geschafft worden.

Suche nach Kunst und Wertgegenständen

In dem geraubten Umzugsgut der Emigrierten wurde Wertvolles vermutet, das es "zu versilbern" galt. Das Finanzamt hatte eine spezielle Stelle, die "Finanzverwaltung des jüdischen und reichsfeindlichen Vermögens", eingerichtet die in F1,11 ihren Sitz hatte. Dies war die Adresse der Klaus-Synagoge, die in der Pogromnacht 1938 verwüstet worden war.

Zur „Aussonderung von Kunstwerken aus den Lifts“ arbeitet das Finanzamt mit Experten zusammen: Den Direktoren der Mannheimer Kunsthalle und des Schlossmuseums sowie mit einem Bildhauer.

Aktenvermerk des Finanzamtes über Besprechung mit  Kunstallendirektor Passerge

Gründung der „Verwertungsstelle für volksfeindliches Vermögen“

Im Herbst 1942 wurde eigens eine "Verwertungsstelle für volksfeindliches Vermögen" (oft auch „volksfremdes Vermögen“) kurz „VVV“ eingerichtet. Bei den Sitzungen treffen sich hochrangige Vertreter der NSDAP, Industrie- und Handelskammer, der Wirtschaftsgruppe Einzelhandel, des Finanzamtes und des Zollamtes. Honorige Herrschaften aus dem Fachhandel wie die Herren Engelhorn, Bazlen und Telkamp bringen ihre Erfahrungen als „Schätzer“ und Kaufleute ein, als Kunst-Sachverständige sind der Direktor der Kunsthalle und des Museums zugezogen.

Die offizielle Leseart war dagegen, dass die Waren für die sog. „Fliegergeschädigten“ in Mannheim bestimmt seien. Tatsächlich gab es erst ein Jahr später, ab September 1943, viele Ausgebombte zu versorgen.

Der „Fachhandel“ verdient kräftig mit

Die Lifts werden unter der Aufsicht von Vertretern der „Verwertungsstelle für volksfeindliches Vermögen“ einzeln ausgepackt. Nachdem Partei- und Staatsinstanzen kostenlos Gegenstände erhalten hatten, wird der übrige Inhalt einzeln notiert und durch Fachleute aus dem Handel geschätzt.

Der Fachhandel kauft die wertvolleren Teile zum Schätzpreis, muss einen Aufschlag von 12,5 Prozent an das Finanzamt abführen und kann die Waren im freien Verkauf anbieten.

Die Massenware aus dem Beutezug wurde über die Verwertungsstellen angeboten, bei der man nur mit Bezugsschein einkaufen konnte. Bezugsscheine erhielten Ausgebombte aber auch Neuvermählte, Kinderreiche und sonstige Bedürftige. Hier wurde die Preisgestaltung genau überwacht. Auf der Quittung standen die Nummer des Lifts, das Datum und der Name des Käufers.

VVV im Kaufhaus Vetter

Das Verkaufslager in O7,8 reichte bald nicht mehr aus, Verpackungsmaterial stapelte sich auf den Planken, der Hauptverkehrsstraße. Die Stadt stellt Lagerräume in der U2-Schule zur Verfügung. Verkaufsräume von jetzt 1.100 qm werden 1943 in N7,3 vom Kaufhauses Vetter angemietet. Die Waren kommen nun auch aus Paris.

Gigantische Umsätze bis Januar 1945

In den 30 Monaten ihres Bestehens erwirtschaftete die Verwertungsstelle 2,3 Millionen Reichsmark. Aus den Einnahmen der Verkäufe wurde das Meiste an das Finanzamt abgeführt. Außerdem erstattet die „VVV“ die Lohnkosten für die Verkäuferinnen (ca 100 RM im Monat), den Geschäftsführer, die Mietkosten, die Kosten für die Schätzer und den Treuhänder (Rappmann). Dabei flossen auch der NSDAP aus diesen Quellen in den Jahre 1942 - 1944 fast 120.000 Reichsmark zu. Weitere Ausgaben der „VVV“ wurden akribisch notiert: große Mengen von Alkohol und Zigaretten für den Volkssturm und Einsatzkräfte, Hotelkosten für "pol. Leiter" usw. Immer wieder versucht der Wirtschaftsprüfer und Treuhänder Rappman, eine Umsatzsteuerbefreiung zu erreichen, wegen „Gemeinnützigkeit“.

Mit dem Näherrücken der Front Ende 1944 bis Januar 1945 wurden die Bankgeschäfte der „VVV“ über die Volksbank Tauberbischofsheim erledigt. Die monatlichen Überweisungen an das Kaufhaus Vetter für die Miete und an das Finanzamt wurden bis Januar 1945 ordnungsgemäß erledigt (Bild). Danach stellte die „VVV“ ihre Tätigkeit ein.

Treuhänder Rappmann wurde nach dem Krieg von den Amerikanern beauftragt die „VVV“ abzuwickeln. Jüdische Überlebende und Emigranten forschten noch jahrelang nach dem Verbleib ihres Besitzes und warteten vergeblich auf Entschädigung.

Überweisung der VVV an Kaufhaus Vetter für die Miete

Finanzamt entwickelt das „Mannheimer System“ 1933 – 38

Flyer zur VeranstaltungMit Ende der Ausstellung war für den AK-Justiz das Thema noch lange nicht erledigt. Auch einige der Studierenden, die bei dem Ausstellungprojekt beteiligt waren, setzten ihre Forschungen fort. Seit Jahresmitte 2009 läuft ein Forschungsprojekt an der Universität Mannheim: “Arisierung und Wiedergutmachung in Mannheim 1933 – 1969".

Die Veranstaltung am 9.11.2009 in Erinnerung an die Reichspogromnacht war der Rolle des Mannheimer Finanzamtes bei der Ausplünderung und Überwachung gewidmet.

Das Mannheimer Finanzamt war im Nationalsozialismus reichsweit Vorreiter bei der Ausplünderung und Überwachung der jüdischen Bevölkerung. Es geht bei dem schon in der NS-Zeit so bezeichnete "Mannheimer System" vor allem darum, in Koordination mit anderen Behörden „Ausreisewillige“ frühzeitig zu erkennen, um ihnen alle möglichen Sondersteuern und Abgaben aufzuerlegen. Dieses Ausspähungssystem dachten sich ganz normale Finanzbeamte freiwillig und vorauseilend aus. Neue Erkenntnisse gab es auch über die Zuarbeit der IHK, städtischer Stellen und anderer lokaler Institutionen.

  • Veranstaltungs-Flyer herunterladen

Die Vorträge können hier als PDF-Dateien heruntergeladen werden:

  • Referat "Arisierung" herunterladen
  • Referat "Mannheimer System" herunterladen

Die Vortäge sind auch als Audio-Dateien dokumentiert unter: „Audioarchiv“ des bermuda.funks. Direkte Links zu den Audiodokumenten:

  • Rede von Heiner Ritter (AKJM)
  • Vortrag von Rene Skusa - Teil 1
  • Vortrag von Rene Skusa - Teil 2


Vertuschte NS-Karriere eines Mannheimer Finanzbeamten und Provenienzforschung

Dr. Bruno Helmle, geboren 1911, war bis 1980 Oberbürgermeister in Konstanz und natürlich auch Ehrenbürger von Konstanz. Bis 1945 ist er als Finanzbeamter in Mannheim tätig, verschafft sich allerhand Mobiliar und entwickelt verstärkte kriminelle Energie. Es dauert lange, bis alle Machenschaften aufgeklärt werden können.

Im April 2012 beschließt der Gemeinderat von Konstanz die Aberkennung seiner Ehrenbürgerschaft.

Gutachten von Dr. Klöckler u.a. zum Download


Thema „Raubkunst“

Eine weitere Veranstaltung im Mai 2015 befasste sich mit dem Thema Raubkunst in Kooperation mit der Kunsthalle. Deren Direktor in der NS-Zeit war Schätzer für die VVV.

Siehe auch hier: Erinnerungskultur

 

 

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